Veränderungsprozesse: Veränderungsprojekte scheitern oftmals, weil diese nicht ausreichend professionell gemanaged werden. Ein Beitrag zu den Dos and Dont’s in komplexen Veränderungsprojekten in Unternehmen. Ein Experten-Gespräch mit Farid el-Nomany, einem der erfahrensten Change Management Berater in Deutschland.
„Klassische“ Top Management Projekte fokussieren sich mit ca. 90% der vorhandenen Projektkapazität auf die Gestaltung neuer Strategien, Organisationsformen, Prozessabläufe und Planungs-/ Steuerungssysteme. Allerdings scheitern 70% dieser Projekte.
70% aller Veränderungsprozesse scheitern und sind nicht nachhaltig1
Change Management ist die Kunst, große Veränderungsprozesse professionell zu steuern.
Ein Change-Management Projekt unterscheidet sich von anderen Projekten, weil es den Fokus auf die nachhaltige Veränderungsprozesse des Arbeitsumfeldes (Strukturen, Prozesse, Schnittstellen, Teamzusammensetzungen etc.) von Menschen legt, sowie auf die Erreichung von Akzeptanz für die Veränderung selbst. Hierbei steht der Mitarbeiter als Mensch im Mittelpunkt und die Frage, wie er begleitet werden kann, um die Veränderung umzusetzen.
Das heißt in der Konsequenz: Im Rahmen des „Changes“ sind alle Maßnahmen darauf gerichtet, Mitarbeiter zu informieren, zu involvieren, zu befähigen, zu begleiten und in die Verantwortung zu nehmen.
Notwendige Voraussetzung für Veränderungsprozesse ist eine große Übereinstimmung der wichtigsten Akteure, welcher IST Zustand geändert werden sollen und wie der Idealzustand aussehen soll. Es braucht ein klares und definiertes Zielbild!
1 Cap Gemini Studie, Change Management, 2012
Zustimmung der wichtigsten Akteure über die anstehenden Veränderungen erreichen
Zunächst gilt es, Akzeptanz für die Veränderungesprozesse herzustellen und im zweiten Schritt, die Veränderungen selbst durchzuführen. Aktives Veränderungsmanagement setzt den Fokus auf die Einbindung der betroffenen Menschen. Das bedeutet Maßnahmen zur
- Initiierung & Mobilisierung des Veränderungsprozesses
- Einbindung aller Mitarbeiter und Experten (und somit existierenden Know-hows)
- Befähigung/Qualifizierung von Beteiligten und Betroffenen
- Sicherung der Nachhaltigkeit
Dies sind nur einige Schlüssel zu Lösungen, nachhaltigen Veränderungen und Wertsteigerung.
„Einer der größten Fehler in der Gestaltung von Veränderungsprozessen ist, dass die Kommunikation und Schaffung von Akzeptanz zu Beginn der Veränderung unterschätzt wird und nicht geplant erfolgt*, so der auf Change Management spezialisierte Unternehmensberater Farid El-Nomany von der Firma elccon2.
Das Akzeptanzmanagement umfasst dabei alle kommunikativen Maßnahmen, damit Führungskräfte und Mitarbeiter mit den Veränderungen positiv und motiviert umgehen und die Bereitschaft gefördert wird, aktiv an den Veränderungen mitzuwirken.
Farid El-Nomany: “Von Beginn an, ist es im Rahmen des Akzeptanzmanagements unabdingbar, Mitarbeiter nicht nur auf der Sachebene über die Entwicklungen und Ziele des Veränderungsprozesse zu informieren und sie einzubeziehen, sondern auch die sozio-emotionalen Aspekte, die das Change Vorhaben begleiten, zu berücksichtigen.“
Professionelles Veränderungsmanagement schützt vor Produktivitätseinbrüchen
Das Akzeptanzmanagement müsse auf das Unternehmen, die anstehenden Veränderungen und die Betroffen gut abgestimmt sein, so El-Nomany. Ein Standard-Vorgehen gäbe es hier nicht.
Dies sind in der Regel ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die auf die Organisation abgestimmt werden – abhängig von Größe und Struktur der Belegschaft, Historie, Ausgangssituation und handelnden Personen. Dies können z.B. sein:
Befragungen
Roadshows und Versammlungen
Podiumsdiskussionen
Filme, Podcasts, Webcasts
emotionalisierende Events
Off-Sites und Teambuildings
Großgruppenmoderationen, wie z.B. Open Space oder World Cafés
Rituale
Artikel
Shop-Floor-Informationen
Workshops
Uvm.
Kreative Selbstgefälligkeit interner Kommunikationsprofis und Agenturen als Falle
„Entscheidend ist nicht, sexy und „Hochglanz“ zu kommunizieren und maximal kreativ die neuesten Kanäle und Medien zu nutzen, sondern zielgerichtet, aufrichtig und transparent im Hinblick auf die Schaffung der Akzeptanz der Veränderungen zu kommunizieren“, so der Change Profi. Change Kommunikation ist eben keine Werbeveranstaltung, sondern aufrichtige Information der Mitarbeiter als Partner der Veränderung.
Aus der Erfahrung des Beraters ist kreative Selbstgefälligkeit und zu werbliche interne Kommunikation oft eine Falle, in die Kommunikationsprofis und Agenturen tappen.
Selbst exzellentes Akzeptanzmanagement erzeugt noch keine nachhaltigen Verhaltensänderungen
Selbst ein exzellentes Akzeptanzmanagement ist jedoch noch kein Garant für nachhaltige Veränderungen, sondern schafft dafür lediglich eine wesentliche Voraussetzung.
Der elccon-Berater weiß aus Erfahrung: „Nur weil Menschen einsehen und verstehen, warum Veränderungen im Unternehmen notwendig sind, ist die persönliche Bereitschaft, langjähriges Verhalten und Routinen zu verändern, noch nicht gegeben.“
Deshalb lautet eine der Kernfragen in Change Projekten: Wie erreichen wir, dass Führungskräfte und Mitarbeiter Treiber UND Umsetzer der gewünschten Veränderung werden und bereit sind, Routinen zu verändern? Welchen Rahmen braucht es, damit möglichst viele Mitarbeiter und Führungskräfte den Weg wirklich mitgehen und idealerweise sogar gestalten?
Es sei erschreckend, wie viele Unternehmensführungen immer noch glaubten, dass es ausreiche, nur oft genug die Notwendigkeit von Veränderungen zu betonen und an Führungskräfte und Mitarbeiter appellieren, so der Change-Experte El-Nomany.
Was genau soll anders werden und woran werden wir merken, dass etwas anders ist?
Nach Meinung des elccon-Gründers, sei schon die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses in der Geschäftsführung, was genau denn anders sein solle, ein heikler Prozess und brauche nicht selten externe Begleitung. Es gäbe häufig nur ein diffuses Verständnis, dass etwas anders werden müsste, weiß der Berater aus Erfahrung.
Deshalb sei die Entwicklung einer gemeinsamen Linie in der Geschäftsführung und die aktive Steuerung der Veränderung durch die Führungskräfte selbst von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Change Prozesses.
El-Nomany dazu: “Die Verantwortung für den Veränderungsprozess kann kein Berater der Geschäftsführung abnehmen. Wir können begleiten, unser Know-how und Methodenwissen zur Verfügung stellen, aber der Erfolg wird davon abhängen, wie sehr der Prozess intern verantwortet wird. Sowohl an der Unternehmensspitze als auch von den Mitarbeitern selbst“.
„Wasch mich, aber mach mich nicht nass, funktioniert hier eben auch nicht“, sagt der Change Experte ganz klar.
Um nachhaltige Veränderungen im Verhalten zu erreichen, empfehlen sich weiterführende Maßnahmen, z.B.:
- Bestandsaufnahmen zum Ist/Soll-Vergleich
- Trainings- und Skill-Entwicklung auch durch Hospitationen, Rotationen etc.
- Veränderung von Strukturen und Prozessen
- Dialogplattformen
- Klare Verantwortlichkeiten im Change
- Tägliche Thematisierung von Veränderungen im Shop-Floor, neue Routinen und Meetings
- Mentoren-Systeme
- Coachings
- Interne externe Supervision
- Visualisierung der Veränderungen
- Dos & Don’ts – Filme, Tutorials
- Checklisten
- uvm.
Machen könne man viel, entscheidend sei, was mit dem geringsten Aufwand die größtmögliche Wirksamkeit, in genau diesem Unternehmen erreiche, so El-Nomany.
Der Veränderungsprozess brauche seiner Ansicht nach eine klare Ausrichtung von oben und ein auf das Unternehmen und die Fragestellung maßgeschneidertes Konzept.
Die eigentliche Herausforderung: Menschen nachhaltig zu Veränderungen im persönlichen Verhalten zu bewegen!
Im Rahmen der meisten Veränderungsprojekte seien eben auch neue Haltungen und auch neue Fähigkeiten der Führungskräfte und Mitarbeiter erforderlich. Das ist die eigentliche Herausforderung: Menschen nachhaltig und zielgerichtet zu Veränderungen im persönlichen Verhalten zu begleiten!
Dies geschehe nicht zufällig, sondern brauche sorgfältige Überlegungen, ein professionelles Management der Veränderung und die Übernahme von Verantwortung im Unternehmen, so der Change Manager abschließend.